GVNW: Kunden müssen in der ESG-Versicherungsdebatte mitreden

Die Rolle der Versicherer als Underwriter und Investoren im Kampf gegen den Klimawandel ist in letzter Zeit stark in den Vordergrund gerückt, nicht zuletzt, weil Aktionsbündnisse wie Insure Our Future erfolgreich darauf drängen, dass sich die Marktteilnehmer aus dem fossilen Brennstoffsektor zurückziehen.

Deshalb war es auch keine Überraschung, dass dieses Thema am ersten Tag des GVNW-Symposiums gestern im Mittelpunkt einer lebhaften Debatte stand, bei der Versicherungsmanager, Makler und Versicherer über die bestmögliche Richtung sowie konkret über die Frage diskutierten, wie die Marktteilnehmer zusammenarbeiten sollten, um positive Ergebnisse zu erzielen, die den Interessen aller gerecht werden.

Oliver Hauner vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eröffnete die Podiumsdiskussion zur Vereinbarkeit von Risikotransfer und Nachhaltigkeit, indem er die Position des GDV zur Nachhaltigkeit darstellte.

Die GDV-Hauptgeschäftsführung hat ihr Konzept im Januar 2021 vorgestellt. Das Jahr 2025 ist darin ein wichtiger Meilenstein: Bis dahin sollen die Geschäftsprozesse der deutschen Versicherer klimaneutral sein und Industrierisiken, die nicht im Einklang mit einer nachhaltigen Wirtschaft stehen, ausgeschlossen werden (klimaneutrales Portfolio).

Doch nicht jeder ist von der vollständigen Bereitschaft der Versicherer zur Erreichung dieser Ziele überzeugt. Kai-Franck Büchter, CEO von Aon Risk Solutions Deutschland, stellte das Engagement der Versicherungswirtschaft für das Thema Nachhaltigkeit in Frage.

Er vertrat die Ansicht, dass die derzeitige Underwriting-Praxis teilweise nach Heuchelei riecht, da die Versicherer zwar große Reden schwingen, aber Risiken, die die ESG-Kriterien erfüllen, aus dem Weg gehen, wenn sie nicht unbedingt in ihr Geschäftsmodell passen.

Denn es geht nicht nur darum, klimaschädliches industrielles Versicherungsgeschäft zu vermeiden, sondern auch um die Förderung von Aktivitäten, die dem Klima nützen. Die Diskussionsteilnehmer waren sich zum Beispiel einig, dass die Versicherer mehr Risiken im Bereich erneuerbare Energien absichern sollten.

Dr. Jürgen Kurth, Head of P&C Underwriting Risk Management, AXA XL, meinte, dass ein besserer Meinungsaustausch zwischen Versicherern, ihren Kunden und Maklern viel dazu beitragen könnte, die Defizite zu beheben und klare Underwriting-Kriterien festzulegen.

Patrick Fiedler, Senior Vice-President Corporate Insurance bei BASF, schloss sich dieser Meinung an. Er sagte: „Versicherer haben den Auftrag, Risiken einen Preis zuzuordnen. Wenn Versicherer keine Deckung anbieten oder zu hohe Preise für Risiken wie Offshore-Windparks, Recycling-Anlagen oder Cyber-Risiken verlangen, kommen sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht nach.“

Petra Riga-Müller, Vorstandsmitglied der Zurich Gruppe Deutschland, wies darauf hin, dass sich die Zurich schon seit einiger Zeit für die Nachhaltigkeitsförderung einsetzt, zum Beispiel als Gründungsmitglied der UN Net-Zero Asset Owner Alliance.

Sie unterstrich ebenfalls die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Geschäftspartnern und sagte: „Wir müssen unsere Kunden auf dem Weg zur Klimaneutralität mitnehmen.“

Gleichzeitig betonte das Panel, dass der Fokus auf Nachhaltigkeit nicht bedeutet, dass die Versicherer nicht-ESG-kompatible Risiken vollständig aus ihren Versicherungsbüchern verbannt hätten.

Alexander Mahnke, Vorstandsvorsitzender des GVNW, wies darauf hin, dass die Versicherer eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Verantwortung für die Deckung von Risiken haben. Einige Länder sind nach wie vor auf nicht erneuerbare Energien angewiesen.

Er schlug vor, dass sich die Versicherer für die Förderung neuer Technologien einsetzen und einen differenzierten Ansatz gegenüber CO2-Emittenten verfolgen sollten, indem sie beispielsweise durch eine Zusammenarbeit deren Übergang zur Klimaneutralität erleichtern.

Der Investitionsansatz ist in dieser Hinsicht ein wichtiger Hebel. Der GDV unterstützt die UN Principles for Responsible Investment und hat für seine Mitglieder das Jahr 2050 als zeitliches Ziel für ein klimaneutrales Anlageportfolio festgelegt.

Dr. Jürgen Kurth sagte dazu noch: „Wir alle wissen, dass erneuerbare Technologien hohe Schäden verursachen können. Trotzdem arbeiten die Versicherer mit den entsprechenden Unternehmen zusammen, und das zu Recht.“

Abschließend waren sich die Panel-Teilnehmer einig, dass Nachhaltigkeit ein äußerst breit gefächertes Thema ist, das zwangsläufig zu enormen Diskussionen geführt hat. Sie begrüßten die Tatsache, dass die Versicherer jetzt ihren Worten Taten folgen lassen.

Natürlich ist dies ein langwieriger Prozess, und Veränderungen kommen nicht über Nacht. In dieser Hinsicht sind Zeitrahmen wie die GDV-Ziele hilfreich.

Zur Hauptfrage der Panel-Debatte, ob Nachhaltigkeit den Risikotransfer unterbindet, lieferte Alexander Mahnke die Schlussbemerkung: „Wenn Unternehmen ihr Geschäft rechtmäßig betreiben, müssen sie auch versicherbar sein.“

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