GVNW „vorsichtig optimistisch“ hinsichtlich einer raschen staatlich geförderten Pandemie-Versicherungslösung

Alexander Mahnke, Vorstandsvorsitzender des Gesamtverbandes der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW), nutzte seine Grundsatzrede auf dem jüngsten virtuellen Jahressymposium des Verbandes, um den Mitgliedern mitzuteilen, er sei „vorsichtig optimistisch“, was die relativ rasche Schaffung einer staatlich geförderten Versicherungslösung in Deutschland zur Bewältigung künftiger Gesundheitskrisen angeht.

Der GVNW ist bereits im April an das Bundesfinanzministerium herangetreten, um die Aufnahme von Gesprächen zwischen dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und dem Bundesverband des Deutschen Industrie (BDI) über eine privatwirtschaftliche-staatliche Partnerschaft zur Bewältigung künftiger Krisen vorzuschlagen.

Im August veröffentlichte der GVNW ein gemeinsames Arbeitspapier mit dem Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM), in dem er seine Überlegungen darlegte, wie eine staatlich geförderte Versicherungslösung für Pandemien mit Selbstbehalt der Unternehmen, von den (Rück-)Versicherungsmärkten und möglicherweise von den Kapitalmärkten übernommenen Risikoschichten mit letztlicher staatlicher Absicherung funktionieren könnte.

Alexander Mahnke bedauerte, dass, anders als in Frankreich, noch keine formelle Arbeitsgruppe gebildet wurde, um den Plan voranzubringen. Er deutete jedoch an, dass hier schon bald Bewegung in die Sache kommen könnte.

Der GVNW Vorstandsvorsitzender sagte, dass in Ermangelung einer bestehenden umfassenden privaten Marktabdeckung für durch die Pandemie verursachte Betriebsunterbrechungsverluste die Regierungen eingreifen müssen, um die Wirtschaft durch direkte Hilfszahlungen zu unterstützen. Diese Notlösung war nicht perfekt und die Umsetzung schwierig, so dass viele Empfänger ohne jegliche Hilfe blieben.

Er forderte daher eine Lösung, möglicherweise auf der Grundlage des staatlich abgesicherten Terrorismus-Pools Extremus, die private Marktkapazitäten mobilisieren und einen Mechanismus für den Umgang mit Ansprüchen bereitstellen könnte.

„Es wurden zwar vergleichsweise schnell und beherzt staatliche Lösungen gefunden und umgesetzt, um z. B. über Beihilfeleistungen Geschädigten Zahlungen zuteilwerden zu lassen. Allerdings geschah dies ohne Vorbereitung, und viele der Maßnahmen stellten sich dann als ungeeignet dar, oder die Finanzmittel kamen bei den Adressaten erst gar nicht an. Aus diesem Grunde muss unseres Erachtens über eine Möglichkeit diskutiert werden, zukünftige Pandemie-Risiken über privatwirtschaftlich organisierte Versicherungslösungen in Kombination mit staatlicher Hilfe abzusichern“, sagte Mahnke.

Bestrebungen von Klägeranwälten und einigen Aufsichtsbehörden in den USA, den Versicherungsschutz für Betriebsunterbrechungen rückwirkend für ausgeschlossene Pandemierisiken zu öffnen, seien eindeutig falsch, fuhr er fort.

„Ganz klar vertreten wir als GVNW, dass Versicherer nicht dazu gezwungen werden sollten, Versicherungsschutz für Szenarien zur Verfügung zu stellen, die zum Zeitpunkt des Policenabschlusses ausdrücklich nicht versichert waren. Wir lehnen deshalb eine Lösung ab, wie sie in diesem Zusammenhang in den USA diskutiert wurde“, sagte Mahnke.

„Stattdessen sind wir im GVNW der Meinung, dass über die Organisation einer privatwirtschaftlich-staatlichen Struktur zur Absicherung zukünftiger Pandemierisiken diskutiert werden sollte, wie sie beispielsweise für die Absicherung von Terrorrisiken in Form der Extremus AG bereits existiert … Erste Gespräche haben stattgefunden, die Gründung einer entsprechenden Arbeitsgruppe mit dem Auftrag der Erarbeitung konkreter Lösungsvorschläge, wie sie z. B. in unserem Nachbarland Frankreich existiert, ist aber leider noch nicht erfolgt“, erläuterte er.

„Dennoch bleiben wir verhalten optimistisch, dass es in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung und der privaten Versicherungswirtschaft gelingen kann, eine solche Lösung schnell und in geeigneter Form zu schaffen“, fügte Mahnke zuversichtlich hinzu.

Alexander Mahnke sagte, dass der GVNW auch die Forderungen von Ferma nach einer europaweiten versicherungsbasierten Lösung unterstützt, die mit der Europäischen Union erarbeitet werden sollte. Er wies darauf hin, dass Ferma Gespräche mit der EU aufgenommen und mit der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority, Eiopa) zusammengearbeitet hat, die kürzlich ein Positionspapier veröffentlicht und zu einer Stellungnahme bis Mitte September aufgefordert hat.

Alexander Mahnke nutzte seine Grundsatzrede auch dazu, die Teilnehmer am Versicherungsmarkt erneut zu Flexibilität und Kompromissbereitschaft in dem schwierigen Bereich der Deckung von Covid-19-Schäden aufzufordern. Andernfalls drohe der Branche ein nochmaliger schwerer Reputationsverlust in einer Zeit, in der die Branche eigentlich Vertrauen bei notleidenden Privat- und Geschäftskunden aufbauen könnte.

„Eine unmittelbare Auswirkung durch versicherte Schäden, die durch Covid-19 verursacht wurden, gab es v. a. in der Betriebsunterbrechungsversicherung.  In vielen Fällen zogen die Versicherer den Versicherungsschutz zurück, weil Betriebsschließungen aufgrund von Covid-19 und ihre Auswirkungen nicht vom Versicherungsschutz gedeckt seien, da zum Abschluss der Policen das Coronavirus noch nicht im Infektionsschutzgesetz (IfSG) als meldepflichtige Krankheit aufgeführt war“, erläuterte Mahnke.

„Der GVNW hat hierüber bereits seine Enttäuschung ausgedrückt und einen Appell an die deutschen Versicherer formuliert, kreative Lösungen im Sinne ihrer Kunden zu finden. Viele Versicherer sind auch im Sinne ihrer Kunden tätig geworden und haben Kulanzlösungen angeboten oder Nothilfemaßnahmen organisiert, was aus unserer Sicht sehr positiv zu vermerken ist“, führte er weiter aus.

Alexander Mahnke verwies auf den so genannten „Bayerischen Kompromiss“, in dem eine Reihe von Versicherern sich bereit erklärten, als Geste des guten Willens bestimmte Covid-19-bezogene Schadensansprüche aus Betriebsunterbrechungen von Restaurants zu erfüllen, die rechtlich nicht gedeckt waren. Aber nicht alle Versicherer seien so entgegenkommend gewesen und schaden damit der Reputation der Branche, sagte er.

„Einige Versicherer halten weiterhin hart an ihren Argumentationen und daraus folgenden Deckungsabsagen fest, was hin bis zu ersten Rechtsstreitigkeiten über Betriebsunterbrechungsverträge führt.  Dies kann sicherlich nicht im Interesse der Versicherungsindustrie sein. Ich wiederhole deswegen noch einmal unseren Appell und werbe ausdrücklich dafür, zusammen mit allen Beteiligten vertretbare Lösungen und Kompromisse zu finden, bevor es zu einem weiteren Verlust an Reputation für die Industrie- und Gewerbeversicherung in Deutschland kommt“, fügte Mahnke hinzu.

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