Risikomanager setzen auf Captives im angespannten deutschen Markt

Das große Interesse an der Eröffnungssitzung zum Thema Captives am ersten Tag des GVNW-Symposiums und der breit angelegte Konferenzvortrag über die Suche nach zuverlässigen Alternativen zum immer noch schwierigen kommerziellen Versicherungsmarkt bestätigten, was Captive-Experten bereits wissen: Das Interesse an und die Nachfrage nach diesen Risikomanagement-Vehikeln war noch nie so groß.

GVNW-Ausschussmitglied Mathieas Kohl, Leiter der Unternehmensversicherung des Lübecker Medizin- und Sicherheitstechnikunternehmens Drägerwerk, moderierte die Captive-Diskussionsrunde mit Marcus Reichel und Béla Cluse vom Knauf V.V.G., der kürzlich gegründeten Captive des Baustoffherstellers.

Reichel und Cluse schilderten ihre Erfahrungen mit der Gründung eines Captives. Sie informierten ihre GVNW-Kollegen darüber, wie dieser Prozess abläuft, wie man den größtmöglichen Nutzen aus Captives ziehen kann und – vielleicht das Wichtigste – wie man die Unternehmensführung von den langfristigen Vorteilen von Captives überzeugen kann.

Die Teilnehmerzahl der Sitzung war hoch und umfasste laut Handzeichen etwa 30 deutsche Risiko- und Versicherungsmanager, die sich mit der Captive-Option auseinandersetzen.

Reichel erklärte, dass die Captive angesichts der Tatsache, dass Knauf in rund 300 Ländern tätig ist, nun eine zentrale Rolle in der multinationalen Risikomanagement- und Risikotransferstrategie der Gruppe spielt.

Um die Komplexität verschiedener Währungen zu vermeiden, entschied er sich für einen europäischen Sitz für das Captive. Im Wettbewerb standen Luxemburg, der bevorzugte Standort für die meisten deutschen Captives, und Dublin. Luxemburg hat sich unter anderem deshalb durchgesetzt, weil Knauf dort bereits eine Niederlassung unterhält, was die Buchhaltung vereinfachen sollte.

Kohl wies darauf hin, dass es für deutsche Unternehmen derzeit keinen Sinn mache, Captives in Deutschland selbst zu gründen, da die aufsichtsrechtlichen, steuerlichen und buchhalterischen Regelungen dies einfach nicht zuließen. Er versicherte jedoch den GVNW-Mitgliedern, dass der Verband versuchen werde, die Gespräche auf Regierungsebene wieder aufzunehmen, mit dem Ziel in diesen Bereichen Fortschritte zu erzielen.

Die Notwendigkeit, den gesamten Captive-Prozess so einfach und verständlich wie möglich für die Unternehmensführung zu gestalten, war ein durchgängiges Thema während der Präsentation. Wie Reichel betonte, können Risiko- und Versicherungsmanager nicht erwarten, dass ihre Vorgesetzten Versicherungsexperten sind, daher ist es entscheidend, das Konzept intern erfolgreich zu „verkaufen“.

Ein weiteres wichtiges Element und eine wichtige Grundlage für Captives ist das Sammeln, Analysieren und Präsentieren guter, eindeutiger Daten über Risiken und historische Verluste. „Wenn Sie Ihr Risiko nicht kennen, wollen Sie es dann selbst tragen?“, fragte Reichel.

Diese Daten werden auch bei der Verhandlungsführung mit Erstversicherern und Rückversicherern auf dem freien Markt sehr nützlich sein, sobald die Captive gegründet ist. Die Festlegung des Zeitpunkts, zu dem Verhandlungen mit Versicherern aufgenommen werden, ist eine weitere wichtige Entscheidung, die am besten von Fall zu Fall zu treffen ist, so die Experten.

Ein weiterer grundlegender Punkt, der der Unternehmensführung von Anfang an klar gemacht werden muss, ist das ein Captive eine langfristige Option ist und keine kurzfristige Wette bis der Markt wieder weich wird.

Kohl, Cluse und Reichel betonten, dass die Gründung eines Captive keine Aufgabe ist, die man auf die leichte Schulter nehmen sollte, insbesondere im Hinblick auf die Berichtspflichten unter Solvency II. Aber ein sorgfältig aufgebautes und verwaltetes Captive kann sich langfristig als eine hervorragende Lösung erweisen, um das Gruppenrisiko besser zu steuern, Zugang zu Kapital auf dem freien Markt zu besseren Bedingungen zu erhalten und eine konsistente Deckung für die Muttergesellschaft zu bieten.

Back to top button