Schweizer Regulierungsänderungen werden das Wachstum der Eigenversicherer in einem harten Markt unterstützen

Nach einer längeren Schwächephase vollzog der Schweizer Markt für Geschäfts- und Unternehmensversicherungen im Jahr 2019 wie die meisten anderen europäischen Märkte endlich eine Trendwende.

Das war vor dem Ausbruch von Covid-19. Aufgrund der mit Covid-19 verbundenen Ansprüche und Prozesslast sowie der Aussicht, dass die Zinsen auf absehbare Zeit extrem niedrig bleiben werden, kann man wohl davon ausgehen, dass die gegenwärtige harte Marktphase noch lange nicht vorbei ist. Darin sind sich jedenfalls die Experten für Risiko- und Versicherungsmanagement im Schweizer Markt einig.

Wenn sich die Unternehmen steigenden Prämien ausgesetzt sehen und möglicherweise sogar Schwierigkeiten haben, Versicherungsschutz für bestimmte Risiken zu erwerben, werden sie eher geneigt sein, einen Captive, also eine konzerneigene Versicherungsgesellschaft, zu gründen.

Captives verbessern den Cashflow, da die Prämieneinnahmen im Unternehmen verbleiben, und vereinfachen zudem das Schadensmanagement. Das ist gerade jetzt wegen des schwierigen Investitionsumfelds besonders attraktiv.

Darüber hinaus machen Captives das Risikomanagement transparenter. Sie stärken den Fokus auf die spezifische Risikosituation eines Unternehmens und verbessern so die allgemeine Effizienz und die Versicherbarkeit wichtiger Risiken.

Darüber hinaus erhöhen Captives die Flexibilität, da sie auf die bevorzugte Struktur der Muttergesellschaft im Hinblick auf Risikorückbehalt und Risikotransfer ausgerichtet werden können.

Das regulatorische Umfeld für Schweizer Captives hat sich in den letzten sieben Jahren verbessert, nachdem die Swiss Insurance and Reinsurance Captives Association (SIRCA) gegründet wurde, die die Interessen der Versicherungsbranche gegenüber der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vertritt.

Der Leiter der SIRCA, Peter Hagnauer, sagte gegenüber Commercial Risk Europe: «In den letzten sieben oder acht Jahren haben wir einige unnötige Details ausgeräumt und die allgemeine Situation für Captives verbessert.»

Darüber hinaus wurde nach einer Untersuchung des Versicherungsmarktes durch das Staatssekretariat für Internationale Finanzen (SIF) ein Vorschlag zur Änderung von Teilen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) unterbreitet.

Der Bundesrat stimmte der Neuregelung im Oktober zu. Eine Änderung besteht in der Einführung einer Kundenkategorisierung. Dies bedeutet, dass Versicherungsunternehmen von weniger strengen Aufsichtsanforderungen profitieren sollten, wenn sie ausschliesslich mit professionellen Kunden Geschäfte tätigen. Das ist eine weitere Anerkennung des Geschäftsgebarens von Captives (Business to Business).

Mit anderen Worten: Die Schweizer Behörden scheinen das in Solvabilität II, dem europäischen Kapitaladäquanz- und Berichterstattungssystem, verankerte Verhältnismässigkeitsprinzip anerkannt zu haben, das vielen EU-Aufsichtsbehörden anscheinend immer noch Probleme bereitet.

Die FINMA wird im nächsten Jahr mit der Umsetzung der neuen gesetzlichen Bestimmungen fortfahren. Peter Hagnauer schätzt die Situation folgendermassen ein: «Die FINMA dürfte nach einer Änderung des Versicherungsaufsichtsrechts flexibler werden. Wir erwarten in naher Zukunft eine Gesetzgebung, die es kleineren Captives leichter machen sollte, ihren Betrieb aufzunehmen.»

Im Ergebnis gleicht sich das regulatorische Umfeld für Schweizer Captives nun dem des übrigen Europas und der USA an und wird, wie oben angedeutet, vielleicht sogar noch etwas weiter gehen.

Diese Entwicklung ist für die Branche zu begrüssen. Angesichts der wachsenden Attraktivität der politischen und währungspolitischen Stabilität der Schweiz und ihres guten internationalen Ansehens in einer zunehmend unsicheren Welt, ganz zu schweigen von ihrer hohen Branchenkompetenz, könnte dies die Mutterunternehmen auch dazu veranlassen, ihre Captives in der Schweiz anzusiedeln.

Im gegenwärtigen harten Markt könnten sich Risikoprodukte hinsichtlich der Sozialleistungen für Arbeitnehmer zu einem Wachstumsbereich für Captives entwickeln.

Diese Risikogruppe wurde in der Vergangenheit zu Gunsten grösserer Risiken, wie z.B. Naturkatastrophen, ignoriert. Inzwischen werden sie von den Unternehmen jedoch zunehmend als ideales Vehikel für die Portfoliodiversifizierung angesehen.

Das bringt auch Herausforderungen mit sich, denn Sozialleistungen für Arbeitnehmer sind gesetzlich stark reglementiert und können sehr kompliziert zu handhaben sein, insbesondere für grosse Unternehmen mit Niederlassungen in vielen Ländern. Nichtsdestotrotz ist der potenzielle Nutzen im Hinblick auf Einsparungen und Diversifizierung beträchtlich.

Der harte Markt ist in der Schweiz wie im übrigen Europa der Hauptgrund für das neue Interesse an Captives.

Das ist jedoch nicht der einzige Faktor, der zu einem positiven Ausblick für Captives in der Schweiz beiträgt. Gegenwärtig gibt es etwa 30 solcher Eigenversicherungen im Land, die hauptsächlich in den Kantonen Zug und Zürich angesiedelt sind. Diese Zahl wird in den nächsten vier bis fünf Jahren wohl steigen.

Back to top button