Versicherer wegen plötzlichem Kapazitätsrückgang bei Cyber-Deckungen unter Beschuss

Die deutschen Risikomanager sind unglücklich über den Kapazitätsabbau, die steigenden Prämien und die neuen Ausschlüsse für Cyber-Deckungen, die ohne große Diskussion über Alternativen einfach beschlossen werden, so Alexander Mahnke, Vorstandsvorsitzender des Gesamtverbandes der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW).

Während seiner Grundsatzrede zum Auftakt des virtuellen jährlichen Symposiums des GVNW betonte Alexander Mahnke auch, dass die Mitglieder mit dem plötzlichen Anstieg der Prämien für die D&O-Versicherung – oft mehr als 50% – und dem Kapazitätsabbau in einem Geschäftsfeld zu kämpfen haben, das er als „Sorgenkind“ bezeichnete.

Alexander Mahnke betonte, dass die deutschen Risikomanager auch mit dem Trend in der allgemeinen Haftpflicht unzufrieden seien, da die Kapazitäten in Schlüsselbereichen wie Produktrückruf und in Bereichen wie dem Automobilzulieferermarkt schwinden. Andere Sektoren, die mit schwindenden Kapazitäten und stark steigenden Prämien konfrontiert sind, sind Chemikalien, Pharmaprodukte und Krankenhäuser, fügte er hinzu.

Das Cyber-Problem ist nicht neu. Versicherer und Makler drängen darauf, Cyber-Deckungen aus den traditionellen Sach- und Haftpflichtversicherungen zu streichen. Stattdessen haben sie den Versicherungsschutz als eigenständige Deckung gebündelt, weil sie Bedenken wegen der Häufung von Cyber-Risiken in verschiedenen Geschäftsfeldern haben.

Viele Risikomanager haben sich diesen Bestrebungen widersetzt und den Versicherern vorgeworfen, sie versuchten lediglich, durch die Schaffung einer neuen Sparte neue Abschlüsse zu generieren.

Gemäß den Bemerkungen von Alexander Mahnke scheint sich dieser Prozess durch den Druck auf die Versicherer infolge der großen Zeichnungs- und Kapitalanlageverluste wegen der Covid-19-Krise verstärkt zu haben.

„Laut Marktbericht eines Großmaklers ist der Markt für Cyber-Versicherungen in den vergangenen fünf Jahren um 23% und damit schneller als jede andere Sparte gewachsen. Hiermit einher ging ein kontinuierlicher Vertriebsdruck, der von Maklern und Versicherern gegenüber Versicherungsnehmern aufgebaut wurde und darauf gerichtet war, eigenständige Cyber-Deckungen abzuschließen“, sagte Mahnke.

„Viele Unternehmen, die den aufwändigen, oft auch lehreichen Prozess durchlaufen haben, der dann zum Abschluss einer solchen Cyber-Deckung führte, sehen sich nun jedoch mit einer deutlichen Reduzierung von Kapazitäten, mit der Erhöhung von Prämien und der Verschärfung der Bedingungen ihrer oft gerade erst abgeschlossenen Versicherungsverträge konfrontiert“, fügte er hinzu.

„Aus unserer Sicht ist dies überaus bedauerlich, stärkt es doch leider nicht das Vertrauen in die angebotenen Lösungen des Industrieversicherungsmarktes, wenn erst kürzlich im Unternehmen eingeführte, neue Versicherungen bereits nach kurzer Zeit durch den Versicherer wieder in Frage gestellt und damit die ursprünglich gemachten Zusagen nicht aufrecht erhalten werden“, betonte Mahnke.

„Hierzu passt der andauernde Versuch vieler Versicherer, bei ihren Versicherungsnehmern in den traditionellen Industrieversicherungssparten breite, allgemein gültige Cyber-Ausschlüsse durchzusetzen“, fügte er hinzu.

Alexander Mahnke sagte, dass die Versicherer in der Vergangenheit die Anhäufung von Cyber-Risiken zwischen den verschiedenen Versicherungssparten eindeutig nicht ausreichend analysiert hätten. Der GVNW Vorstandsvorsitzener sagte, aufgrund dieses Versäumnisses werde nun versucht, das Problem „ohne weitere Diskussion mit den Kunden“ und weitgehende Ausschlüsse „ohne Diskussion und Angebot von Alternativen“ zu beheben.

„Diese Entwicklung gibt Anlass zur Sorge. Cyber-Risiken nehmen für Unternehmen weiter zu – hierin sind sich wohl alle einig. Das reduzierte Angebot von Cyber-Versicherungen und das Einführen von Ausschlüssen in den traditionellen Deckungen schafft Absicherungslücken, und diese Lücken sind nicht zu schließen“, fügte Mahnke hinzu.

Der Risikomanager findet es zudem „befremdlich“ in diesem Zusammenhang, dass in vielen Fällen Ausschlüsse einfach „eins zu eins“ aus vor allem dem angelsächsischen Versicherungsmarkt im Vereinigten Königreich und den USA übersetzt und übernommen werden.

Da diese Ausschlüsse auf das europäische Rechtsumfeld angewendet werden, werde es zu den gleichen Problemen führen, die in der Vergangenheit innerhalb der D&O-Versicherung aufgetreten seien, sagte er. „Hier könnte und sollte man sicherlich aus Fehlern in der Historie des D&O-Versicherungsmarktes lernen und diese nicht wiederholen“, betonte Mahnke.

Der GVNW Vorstandsvorsitzender bezeichnete den gegenwärtigen D&O-Markt als ein „Sorgenkind“, das schnell an seine Kapazitätsgrenzen stößt.

„Hier ist die Rücknahme von Kapazitäten im Markt besonders deutlich spürbar. Einige Versicherer haben sich faktisch bereits aus dem D&O-Markt verabschiedet. War dies anfänglich vor allem bei Großrisiken sicht- und spürbar, trifft es inzwischen auch den Mittelstand“, sagte Mahnke.

Damit einher gehen deutliche Prämienerhöhungen, teils weit über 50%, und Einschränkungen auf der Bedingungsseite. Bekannte und potenziell neue Großschäden vor allem auch in Deutschland führen zu einer weiteren „Appetitlosigkeit“ bei den D&O-Versicherern“, fügte er hinzu.

Alexander Mahnke bemerkte, dass eine Anpassung des D&O Underwritings nicht wirklich überraschen kann, da das Angebot im D&O-Markt in der Vergangenheit preislich und bedingungsmäßig nicht „technisch angemessen“ war.

Mahnke unterstrich jedoch, dass während der jüngsten Marktkonsolidierung den Kunden gegenüber immer wieder vorgetragen worden sei, es werde dabei keinesfalls zu spürbaren Kapazitätsreduzierungen oder gar -engpässen kommen. „Dies stellt sich nunmehr offenbar anders dar“, sagte er.

Aus offensichtlichen Gründen ist D&O ein Risiko, das im Vorstandszimmer besonders große Beachtung findet. Der plötzliche Kapazitätsverlust und die aus dem Ruder laufenden Prämien sind daher für Risikomanager nicht hilfreich, wenn sie versuchen, den Mehrwert einer Versicherung zu vermitteln, so Mahnke.

„Bei einer Sparte, die wie keine zweite im Fokus des Managements der versicherungsnehmenden Unternehmen steht, kann ein zu erratischer Umgang mit Preisen und Kapazitäten zu einem schnellen und großen Vertrauensverlust bei den Entscheidungsträgern in den Unternehmen führen, der sich dann durch alle Sparten und Bücher hindurch auswirkt und erst über viele Jahre hinweg, wenn überhaupt, wieder kompensiert werden kann“, sagte er.

„Diejenigen unter uns, die den letzten harten Markt um 2003/2004 herum miterlebt haben, werden sich gerade mit Blick auf die D&O-Versicherung noch erinnern können, wie schnell so mancher enttäuschte Versicherungsnehmer eigentlich langfristige Partnerschaften mit Versicherern über alle Sparten hinweg beendet hat“, fügte Mahnke hinzu.

Kapazitätsengpässe und deutlich steigende Prämien seien auch in der Haftpflichtversicherung, insbesondere beim Produktrückruf und bei den Autozulieferern, spürbar. „Darüber hinaus sehen sich Chemie- und Pharmaunternehmen sowie Krankenhäuser weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert, da sie Schwierigkeiten haben, ausreichende Kapazitäten zu finden und mit höheren Prämien konfrontiert sind“, sagte Mahnke.

Deutsche Risikomanager stehen auch vor schwierigen Prolongationen für Sach- und Betriebsunterbrechungsdeckungen, da die Prämien in diesen Kernbereichen weiterhin stark steigen. „Für einige Branchen und für Schadensrisiken ist es heute schwierig, einen angemessenen Versicherungsschutz in Bezug auf Ausmaß und Höhe zu bekommen“, sagte der GVNW Vorstandsvorsitzender.

Der deutsche industrielle Feuerversicherungsmarkt hat, wie gut dokumentiert ist, seit Jahren Geld verloren, und führende Akteure wie HDI Global und Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) haben sich lautstark für einen erforderlichen Wandel ausgesprochen.

Die jüngsten Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) deuten jedoch darauf hin, dass sich dieser Kernmarkt aus Schadensicht endlich verbessert.

Alexander Mahnke unterstrich, dass die Gesamtverluste auf diesem Markt im Jahr 2019 „nur“ EUR 1,1 Mrd. betrugen.

„Dies ist der zweitniedrigste inflationsbereinigte Großschadenaufwand in der gesamten letzten Dekade und fast EUR 1 Mrd. niedriger als 2018. Der durchschnittliche inflationsbereinigte Großschadenaufwand von EUR 1,4 Mrd. liegt deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt … und insbesondere der Industrieversicherungsmarkt profitierte vom niedrigsten inflationsbereinigten Schadenaufwand seit 2002 mit nur EUR 660 Mio. Wir hoffen natürlich, dass dies bei der Festlegung des Bonus für die Kunden berücksichtigt wird“, beendete Mahnke seine Ausführungen.

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