{"id":72489,"date":"2020-09-15T14:44:38","date_gmt":"2020-09-15T13:44:38","guid":{"rendered":"https:\/\/www.commercialriskonline.com\/?p=72489"},"modified":"2020-09-16T08:30:28","modified_gmt":"2020-09-16T07:30:28","slug":"deutsche-versicherer-verteidigen-pramienerhohungen-nach-jahrelangen-verlusten","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.commercialriskonline.com\/deutsche-versicherer-verteidigen-pramienerhohungen-nach-jahrelangen-verlusten\/","title":{"rendered":"Deutsche Versicherer verteidigen Pr\u00e4mienerh\u00f6hungen nach jahrelangen Verlusten"},"content":{"rendered":"

F\u00fchrende deutsche Industrieversicherer rechtfertigten in einer Podiumsdiskussion zum Abschluss des k\u00fcrzlich abgehaltenen virtuellen GVNW-Symposiums Pr\u00e4mienerh\u00f6hungen von bis zu 30% und begrenzte Kapazit\u00e4ten, w\u00e4hrend einige Risikomanager gro\u00dfe Schwierigkeiten haben, ihre Programme vollst\u00e4ndig umzusetzen.<\/p>\n

\u201eEs ist bekannt, dass die Industriesparten in den letzten Jahren Verluste erlitten haben – darauf muss unbedingt reagiert werden\u201c, sagte Henning Haagen, Chief Underwriting Officer Specialty bei Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS).<\/p>\n

Andreas Berger, CEO von Corporate Solutions bei Swiss Re, stimmte dem zu. \u201eNat\u00fcrlich muss man zweistellige Preiserh\u00f6hungen erkl\u00e4ren, und sie k\u00f6nnen auch erkl\u00e4rt werden\u201c, sagte er.<\/p>\n

Feuer, Haftpflicht und D&O, eigentlich alle Finanzsparten, sind derzeit besonders betroffen. Es steigen nicht nur die Pr\u00e4mien, sondern die Versicherer stellen in einigen Bereichen auch deutlich weniger Kapazit\u00e4t zur Verf\u00fcgung. \u201eWir mussten Anpassungen vornehmen, sowohl beim Preis als auch bei der Deckung\u201c, sagte Haagen.<\/p>\n

Andreas Berger erkl\u00e4rte, dass die Pr\u00e4mien aufgrund des starken Wettbewerbs unter den Versicherern auf ein sehr niedriges und nicht mehr haltbares Niveau gesunken waren, bevor sich der Markt vor zwei Jahren zu drehen begann.<\/p>\n

Berger sagte, die Abschw\u00e4chung sei ein langfristiger Trend gewesen, der durch die Terroranschl\u00e4ge auf die USA am 11. September 2001 ausgel\u00f6st worden sei. Nach diesem Ereignis stiegen die Pr\u00e4mien weltweit stark an. Doch einige Jahre sp\u00e4ter folgte ein Wendepunkt.<\/p>\n

\u201eDanach wollten die Versicherer wachsen und hielten sich nicht mehr an angemessene Underwriting-Standards\u201c, sagte er. Infolgedessen weitete sich die Schere zwischen tats\u00e4chlichen und erwarteten Verlusten erheblich.<\/p>\n

Deutsche Risikomanager und Makler r\u00e4umen sehr wohl ein, dass die niedrigen Preise nicht mehr tragbar waren. Makler und Kunden warnten die Versicherer in dieser Podiumsdiskussion und in fr\u00fcheren Konferenzsitzungen jedoch davor, dass das Ausma\u00df der derzeitigen Erh\u00f6hungen \u00fcbertrieben ist, und forderten zudem eine bessere Kommunikation.<\/p>\n

\u201eDie Pr\u00e4mien steigen jetzt schon das zweite oder dritte Jahr in Folge\u201c, sagte Alexandra Ganz-Cosby, Vorstandsvorsitzende des Maklers Artus AG.<\/p>\n

Jochen K\u00f6rner, Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer des Maklers Ecclesia Holding, forderte Verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfigkeit ein. \u201eF\u00fcr einen mittelst\u00e4ndischen Werkzeugbauer irgendwo im Osten Nordrhein-Westfalens werden die Pr\u00e4mien das dritte Jahr in Folge um jeweils 20% erh\u00f6ht\u201c, erkl\u00e4rte er. \u201eDas versteht keiner mehr\u201c, f\u00fcgte er hinzu.<\/p>\n

Alexander Mahnke, Vorstandsvorsitzender des GVNW, stimmte dem zu. \u201eZweistellige Prozents\u00e4tze m\u00fcssen erkl\u00e4rt werden\u201c, sagte er und forderte die Versicherer erneut auf, ihre Hausaufgaben zu machen und sich mit ihrer Kostenbasis auseinanderzusetzen, anstatt einfach zu versuchen, ihr Rentabilit\u00e4tsproblem auf die Kunden abzuw\u00e4lzen.<\/p>\n

Die Versicherer wurden auch wegen ihres Umgangs mit Betriebsschlie\u00dfungsversicherungen kritisiert – nicht ganz dasselbe wie Betriebsunterbrechungsdeckungen.<\/p>\n

Betriebsschlie\u00dfungsversicherungen wurden in Deutschland an Kneipen, Restaurants, Gesundheitseinrichtungen und Hotels verkauft. Sie deckten eine m\u00f6gliche Schlie\u00dfung aufgrund von Virusinfektionen ab.<\/p>\n

Mit Ausnahme von HDI, Signal Iduna und einigen kleineren Unternehmen sind die meisten deutschen Versicherer der Ansicht, dass die aktuelle Pandemie diese Policen nicht ausl\u00f6st. Sie argumentieren, dass die Versicherungen f\u00fcr eine Betriebsschlie\u00dfung konzipiert wurden, die durch die Erkrankung eines oder mehrerer Mitarbeiter an einem Virus verursacht wurde.<\/p>\n

Die pauschale Schlie\u00dfung w\u00e4hrend des Lockdowns sei nicht gedeckt, sagten die meisten Versicherer. Einige Versicherer argumentierten auch, dass die Formulierungen in den Policen festlegen, welche Krankheiten versichert sind, und dass Covid-19 nicht darunter sei.<\/p>\n

\u201eDie Versicherungsbranche hat hier eine gro\u00dfe Chance verpasst. Sie h\u00e4tte ihren Ruf immens verbessern k\u00f6nnen\u201c, sagte Jochen K\u00f6rner von Ecclesia. Er lobte den Versicherer HDI f\u00fcr seine abweichende Auffassung in dieser Angelegenheit.<\/p>\n

Die Weigerung der meisten Versicherer, diese Policen auszuzahlen, stelle den Wert der Industrieversicherung f\u00fcr bestimmte Unternehmen in Frage, sagte GVNW-Pr\u00e4sident Mahnke.<\/p>\n

Ein Beispiel daf\u00fcr, wie ein flexiblerer Ansatz der Versicherer funktionieren k\u00f6nnte, kam aus Bayern. Obwohl das Konzept grunds\u00e4tzlich gut war, hat es am Ende nicht funktioniert, weil die Regierung vers\u00e4umt hat, es umzusetzen.<\/p>\n

Das bayerische Wirtschaftsministerium und die Hotel- und Restaurantbesitzer einigten sich mitten im Lockdown mit den Versicherern auf einen Kompromiss.<\/p>\n

Die Vereinbarung basierte auf der Annahme, dass Kurzarbeitsregelungen und andere staatliche Hilfen 70% der Verluste f\u00fcr Restaurants und Hotels kompensieren w\u00fcrden. Auf dieser Grundlage sollten die Versicherer und ihre Kunden die verbleibenden 30% aufteilen, womit die Versicherungstr\u00e4ger, die das Abkommen unterzeichnet hatten, etwa 15% der Kosten \u00fcbernehmen w\u00fcrden.<\/p>\n

F\u00fcr die meisten Unternehmen des Gastgewerbes blieb die 70-prozentige staatliche Unterst\u00fctzung jedoch aus. Deshalb stehen viele Unternehmen wegen der Schlie\u00dfungen und weil die Versicherer ihre Kernpolicen nicht bezahlt haben, kurz vor dem Bankrott.<\/p>\n

\u201eEin Angebot von 15% ist aus meiner Sicht l\u00e4cherlich\u201c, sagte Alexandra Ganz-Cosby. Als Teil der Vereinbarung mussten die Unternehmen auch alle Rechtsanspr\u00fcche gegen Versicherer und Makler aufgeben, wenn sie das Angebot annahmen. Auch dies sei nicht akzeptabel, f\u00fcgte sie hinzu.<\/p>\n

Haagen betonte, dass die Allianz insgesamt EUR 1 Mrd. an Covid-19-bezogenen Sch\u00e4den erwartet, von denen etwa EUR 500 Mio. auf AGCS entfallen. \u201eWir zahlen auch, wenn es gedeckt ist\u201c, sagte er. Rund EUR 400 Mio. des Gesamtbetrags entfallen auf die Absage von Veranstaltungen und die Stornierung von Filmproduktionen.<\/p>\n

Bei der Podiumsdiskussion zum Thema Betriebsschlie\u00dfungsversicherung herrschte definitiv keine Einigkeit. Am Ende werden die Gerichte entscheiden m\u00fcssen.<\/p>\n

Positiv war jedoch, dass die Diskussionsteilnehmer mehr oder weniger darin \u00fcbereinstimmten, dass die aktuelle Pandemie und die vor\u00fcbergehende Verlagerung vieler Arbeitspl\u00e4tze in das Home Office einen Schub f\u00fcr die Digitalisierungsrevolution in der Versicherungsbranche ausl\u00f6ste.<\/p>\n

Etwa 90% der AGCS-Mitarbeiter arbeiteten w\u00e4hrend des Lockdowns von zu Hause aus. Die bisherigen Erfahrungen des Versicherers, so Haagen, seien positiv. \u201eDas hat uns problemlos f\u00fcnf Jahre weitergebracht, wenn nicht sogar noch mehr. Jetzt brauchen wir den Mut, mit gro\u00dfen Schritten voranzugehen\u201c, sagte er.<\/p>\n

Alexandra Ganz-Cosby sprach ebenfalls von einem enormen Schub f\u00fcr die in der Branche erforderlichen digitalen Ver\u00e4nderungen.<\/p>\n

Als positives Beispiel nannte Alexander Mahnke Risikoinspektionen, die in vielen F\u00e4llen auf virtueller Basis mit Hilfe von 3D-Kameras durchgef\u00fchrt wurden. \u201eVor zwei Jahren h\u00e4tten intelligente Menschen allen Beteiligten erkl\u00e4rt, warum dies nicht m\u00f6glich ist\u201c, betonte er.<\/p>\n

Martin Gary, Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer von Albatros Insurance Services, dem hauseigenen Makler der Lufthansa, \u00e4u\u00dferte einen Vorbehalt: Viele Unternehmen sehen sich heute einem enormen Kostendruck ausgesetzt, der im Widerspruch zu h\u00f6heren Investitionen in die Digitalisierung steht.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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