Deutsche Versicherungsnehmer suchen wegen anhaltender Marktverhärtung nach Alternativen

Die anhaltend harte Haltung der deutschen Versicherer zwingt die GVNW-Mitglieder dazu, verstärkt nach Alternativen für das Risikomanagement zu suchen und nicht zuletzt mehr Risiken in der eigenen Bilanz zu halten, so die Ausschussmitglieder des Verbandes

Daraus folgt, dass, wenn der Markt zwangsläufig umschlägt und die Vorstandsvorsitzenden der Versicherer bei ihren Mitarbeitern auf Prämienwachstum drängen, es den Versicherern schwer fallen wird, verlorenes Terrain zurückzugewinnen.

Dies waren die wichtigsten Erkenntnisse aus der Risk Frontiers Europe-Umfrage von Commercial Risk in Deutschland, die kurz vor dem GVNW-Symposium in München durchgeführt wurde.

GVNW-Ausschussmitglied Swen Grewenig sagte, er habe kürzlich eine fast lächerliche Diskussion mit einem Versicherer geführt, der zu begründen versuchte, warum die Prämien erneut erhöht werden müssten.

„Ich hatte eine interessante Diskussion mit einem Versicherer. Die Police, um die es ging, hatte eine Schadensquote von fast Null, und mein eindeutiges Ziel war es, eine Prämiensenkung durchzusetzen. Interessant war, wie der Versicherer verzweifelt nach Argumenten suchte, warum die Prämie erneut steigen oder bestenfalls stabil bleiben sollte!“, sagte er.

„Er brachte eine Reihe von Argumenten vor – Inflation, politisches Risiko, die instabile wirtschaftliche Lage. Wenn wir nicht auf den Versicherungsschutz angewiesen wären, dann wäre das Zuhören amüsant gewesen. Aber die Deckung wird benötigt, weshalb es nicht lustig war. Meiner Meinung nach wird es nicht besser, sondern eher schlechter. Es geht nicht nur um die Prämien, sondern auch um die Verfügbarkeit von Deckungskapazitäten, die Höhe der Selbstbehalte – dazu ist der Reflex, jegliche Risiken auszuschließen, mittlerweile ein echtes Problem“, so Grewenig weiter.

Grewenig zufolge führt dies dazu, dass die Kunden mehr Risiken übernehmen. „Manchmal muss man einfach aufgeben und die Sache allein angehen. Selbst wenn man einen oder zwei Versicherer davon überzeugen kann, Risiken auf einer vernünftigen Basis zu übernehmen, kann man nicht den gesamten Markt überzeugen, und man braucht mehr als einen oder zwei Versicherer als Risikoträger. Man muss erkennen, dass es sich nicht mehr lohnt zu kämpfen und eine alternative finanzielle Lösung finden“, sagte er.

Dirk Förster, ebenfalls Mitglied des GVNW-Ausschusses, wies darauf hin, dass größere Unternehmen die Möglichkeit haben, abzuspringen. Er macht sich jedoch mehr Sorgen um die mittleren und kleineren Unternehmen – den Mittelstand also -, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden und einen großen Teil der vom GVNW vertretenen größeren Unternehmen beliefern.

„Große Unternehmen werden Wege finden, mit diesen Herausforderungen umzugehen, aber wenn man eine Stufe runter geht – zu den nachgelagerten Unternehmen, unseren Zulieferern – dann steht fest, dass sie wirklich zu kämpfen haben, weil sie nicht die Möglichkeiten haben, die wir haben“, sagte er.

Mathieas Kohl ist ebenfalls der Meinung, dass das Aufrechterhalten der Lieferketten aus diesen Gründen zu einer echten Herausforderung wird. „Man muss die Lieferkette im Auge behalten, denn wenn die kleineren Unternehmen in der Lieferkette Schwierigkeiten haben, Lösungen und Deckung zu finden, wird das auf die großen Konzerne zurückfallen“, sagte er.

GVNW-Präsident Alexander Mahnke sagte, dass Captives eine Option für große Unternehmen seien. Er wies jedoch darauf hin, dass die knappen Deckungskapazitäten viele Unternehmen dazu veranlasst, nicht versicherungsbasierte Optionen in Betracht zu ziehen.

„Captives sind eine Option, wenn man sie hat und sie gut kapitalisiert sind. Der parametrische Markt ist derzeit in der Diskussion, aber normalerweise geht man zur Finanzabteilung und prüft andere Möglichkeiten der Risikoübernahme, möglicherweise über Anleihen auf dem Finanzmarkt. Die Versicherer werden immer risikoscheuer, weshalb es eine Tendenz gibt, diese Optionen verstärkt zu diskutieren“, sagte er.

Eine weitere Option, die während des GVNW-Symposiums auf dem Podium diskutiert wurde, sind Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, ein bewährtes Instrument zur Überwindung von Kapazitätsproblemen, das vielleicht wieder gebraucht wird.

Auf dem deutschen Markt wurde HDI ursprünglich 1903 als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gegründet, weil eine preislich angemessene Haftpflichtversicherung für Industrieunternehmen fehlte. FM Global wurde in den USA bereits 1835 als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gegründet, weil der Textilfabrikant Zachariah Allen nicht akzeptieren wollte, dass die Bemühungen zur Schadensvermeidung von den Versicherern nicht honoriert wurden.

Die Mitglieder des GVNW-Ausschusses, die an der Diskussion mit Commercial Risk im Vorfeld des Symposiums teilnahmen, vertreten die Ansicht, dass das Konzept der Gegenseitigkeitsversicherung in Anbetracht der derzeitigen Lage auf dem Versicherungsmarkt durchaus erwägenswert ist.

„Die Risikomanager stellen sich die Frage, wie sie die mangelnden Kapazitäten in Schlüsselbereichen angehen können. Dazu gehört auch die Nutzung von Captives und möglicherweise von Anleihen und versicherungsgebundenen Wertpapieren. Man muss das gesamte Instrumentarium betrachten, und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind ein weiteres Instrument, das in der Vergangenheit zur Bewältigung von Kapazitätskrisen eingesetzt wurde. Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir neue Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit brauchen, und zwar auf Betreiben der Unternehmen“, so GVNW-Ausschussmitglied Patrick Fiedler.

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