Versicherer müssen sich angesichts extremer D&O-Marktverhärtung zurückhalten

Nach 30 Jahren geprägt von niedrigen Prämien, Überkapazitäten und großzügigen Konditionen hat der deutsche D&O-Markt bei der Erneuerung 2021 eine Trendwende erlebt.

Die extreme Marktverhärtung war wegen wachsender Schadenfälle zunächst in den USA und dem Vereinigten Königreich 2018 sowie des gleich darauf folgenden Ausbruchs der Corona-Pandemie keine Überraschung. Dennoch stellte sie die deutschen Makler vor große Herausforderungen bei der Suche nach einem ausreichenden Versicherungsschutz für ihre Kunden.

Sandra Dammalacks vom Makler deas Deutsche Assekuranzmakler skizzierte auf der GVNW-Konferenz Cyber und Financial Lines 2021, die Mitte März stattfand, die neue Realität auf dem deutschen D&O-Markt aus Sicht eines Versicherungsmaklers.

Die Marktverhärtung war an sich keine Überraschung, da sie bereits zur Erneuerungsrunde 2020 einsetzte. Erst das Zusammentreffen steigender Prämien, erheblicher Kapazitätskürzungen und restriktiverer Bedingungen machte es extrem schwierig, einen gleichwertigen Versicherungsschutz zu bekommen und – vorausgesetzt, der Versicherungsschutz ist überhaupt verfügbar – die hohen Prämien zahlen zu können.

Sandra Dammalacks sagte während ihrer Präsentation auf der GVNW-Fachtagung: „Wir haben einen massiven Einbruch (Kapazität) in 2020 und besonders in 2021 erlebt. AXA XL stand zum Beispiel nicht mehr zur Verfügung für Neugeschäft in Deutschland.“

Was die Preisgestaltung angeht, stiegen die Prämien um bis zu 400 %. Außerdem wies Sandra Dammalacks auf die Tatsache hin, dass die Excess-of-Loss-Deckung (XoL) in einigen Fällen sogar teurer war als die Grundversicherungsprämie. Erstmals in ihrer Karriere fand sie auch Ausschlussklauseln in XoL-Vertragsinhalten.

„Wenn die Bedingungen eingeschränkt werden, insbesondere auch die Exzedenten Bedingungen, wenn dort Einschnitte, Abweichungen oder Ausschlüsse erfolgen, wird die Schere zwischen Haftung und Deckung in der Zukunft grösser“, kommentierte sie.

Außerdem hat das Coronavirus dazu geführt, dass bestimmte Branchen praktisch vom Markt ausgeschlossen wurden, zum Beispiel Hotelbetreiber und Automobilzulieferer.

Und das ist noch nicht alles. Hinzu kommen anstehende Gesetzesänderungen, die die derzeitige Risikoaversion noch weiter verstärken werden.

Eine Reihe von neuen Gesetzen, die die D&O-Haftung erhöhen werden, ist bereits oder wird in den nächsten zwei bis drei Jahren in Kraft treten.

Da ist zum Beispiel das Lieferkettengesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft treten wird. Das Gesetz wird Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen, die Einhaltung bestimmter Standards in ihrer Lieferkette sicherzustellen. Sollten sie dies nicht tun, können Bußgelder in Höhe von bis zu 10 % des Jahresumsatzes verhängt werden.

Das Ganze läuft auf eine Marktasymmetrie hinaus, bei der die Anbieter einseitig die Bedingungen festlegen, einfach weil sie es können. Die Versicherer wollen sicherstellen, dass sie auf die in Zukunft steigenden Schadenvolumen vorbereitet sind.

Sie überprüfen auch die Bausteine innerhalb der D&O-Policen, um alle Klauseln zu streichen, die ihre absolute Risikoaversion gefährden könnten.

Sandra Dammalacks stellte zum Beispiel eine Zurückhaltung beim Underwriting von Insolvenzrisiken für den KMU-Sektor fest.

Angesichts der steigenden Risiken ist davon auszugehen, dass die Versicherer bei ihren Formulierungen noch sorgfältiger werden und jedem einzelnen Baustein innerhalb ihrer Policen eine bestimmte Prämie zurechnen werden.

Dammalacks räumte jedoch ein, dass der Markt reif war für eine Korrektur.

Während der 30 Jahre anhaltenden Marktschwäche bis etwa 2019 waren die Prämien niedrig und sanken teilweise sogar noch weiter. Außerdem schien es, als fügten die Versicherer fast willkürlich und ohne zusätzliche Prämien Bausteine hinzu. Das konnte nicht ewig so weitergehen.

Dennoch müsste der Markt seiner Aufgabe gerecht werden, und das ist nicht der Fall, wenn Versicherer sich weigern, bestimmte Arten von Versicherungen anzubieten, bestimmte Kunden als nicht versicherungsfähig einstufen oder prohibitive Prämien verlangen.

Da sich der Markt in diese Richtung zu entwickeln droht, appellierte Sandra Dammalacks an die Versicherungsbranche, Augenmaß zu bewahren und mit den Kunden partnerschaftlich zusammenzuarbeiten.

„Es sollte keine Kunden im Regen stehen gelassen werden, speziell die Branchen die es mometan durch diese Coronakrise sehr schwer haben“, warnte sie.

Abschließend wies Dammalacks noch darauf hin, dass irgendwann auf jeden Regen Sonnenschein folgt. Die Versicherungsbranche muss dies vor Augen haben und darf auf die aktuelle Misere nicht überreagieren.

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